Gruenpeck, Joseph: Ein spiegel der naturlichen himlischen vnd prophetischen...


(Grünpeck, Joseph)
. Ein spiegel der naturlichen himlischen und prophetischen sehungen aller trübsalen, angst, und not die uber alle stende, geschlechte und gemaynden der Cristenhey, sunderbar so dem Krebsen under geworffen sein und in dem sibenden Clima begriffen in kurtzen tagen geen werden. 14 Bl. Mit Holzschnitt-Titelvignette und 12 halbseitigen Text-Holzschnitten. 27,5 x 17,5 cm. Flexibler Pergamentumschlag unter Verwendung einer Antiphonar-Handschrift des 15. Jahrhunderts (etwas berieben und gewellt). (Nürnberg, Georg Stuchs), 1508.
VD16 G 3642. STC 373. Baumann 1954, 124. Brunet II, 1171. Graesse III, 164. Muther 1151. Panzer, Annalen I, 289f., 608. Proctor 11083. Thieme-Becker XXXIII, 353. Vgl. Zinner 902 (nur lat. Ausgabe). Nicht bei Adams - Der "Spiegel" wurde mehrmals aufgelegt und noch Jahrzehnte später "wegen der darin enthaltenen düsteren Prophezeiungen vom Trienter Konzil auf den Index gesetzt" (NDB 7, 202) - ein sicheres Zeichen, "welch’ ausgebreiteten und nachhaltigen Einfluß sein pessimistisch-fanatischer Inhalt auf die Volkskreise übte" (ADB 10, 57). Wie immer man zu dem Propheten Joseph Grünpeck (1473-1530) und seinen zweideutigen Botschaften stehen mag - sein 'Spiegel' bleibt ein "ouvrage singulier et par le texte et par les figures sur bois" (Brunet).
In den Holzschnitten wird die verkehrte Welt, die bei ausbleibender Umkehr der Menschen droht, drastisch vor Augen gestellt. Auf dem Titelbild zerbirst eine brennende Kirche unter Steinschlag und Donnerwetter, während Mord und Totschlag zwischen Mann und Frau, Weltlichen und Geistlichen herrschen. Es folgen zwölf Holzschnitte zu den einzelnen Kapiteln, darunter nochmals der des Titels in einem anderen Rahmen. Der zweite wirkt geradezu friedlich, würde er nicht auf andere Weise die Verkehrtheit vorführen: Das Kirchengebäude steht auf dem Kopf, in dem Bauern die Messe lesen, während im Vordergrund Mönche einen Acker pflügen.
Fatalerweise verweist das auf dem Dach stehende Gotteshaus - zwischendurch predigt noch ein Mönch das Kreuz - bereits auf das "Kirchenschiff" das auf dem übernächsten Bild als "sant Peters schiflen" zu Bruch geht. Für Muther waren die ebenso schlichten wie ausdrucksstarken Holzschnitte "keinem bestimmten Meister zuzuweisen", laut Thieme-Becker war Urheber "vermutlich" (Thieme-Becker 33, 353) der Nürnberger Dürer-Schüler Wolf Traut (um 1486-1520), der gelegentlich "in Bildern u. Holzschnitten mit Dürer verwechselt" (ebd. 351) wurde, möglicherweise aber auch Hans Suess von Kulmbach (um 1480-um 1522), gleichfalls ein Freund und Mitarbeiter Dürers (vgl. NDB 7, 202). - Einige Blätter im Bug angefalzt, etwas braun- und fingerfleckig. Seltenes Exemplar.


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