GOETHEKREIS. – STEIN, Charlotte von, geb. von Schardt, Hofdame der Herzogin Anna Amalia; Goethes geliebte Freundin, 1742 – 1827.


GOETHEKREIS. – STEIN, Charlotte von, geb. von Schardt, Hofdame der Herzogin Anna Amalia; Goethes geliebte Freundin, 1742 – 1827.
Manuskript von der Hand der Weimarer Hofdame Luise von G ö c h h a u s e n , mit eigenh. Zusätzen. (Weimar, Frühjahr) 1776. 8 S. kl.-4° (Titel, Personenverzeichnis und 6 S. Text; 2 Doppelbögen, in modernen Leinenband geheftet). Leicht fleckig und gebräunt.

„Rino / Ein Schauspiel / in drey Abtheilungen. / 1776. / von Frau von Stein“ (die letzte Zeile von eigener Hand).
Das von Charlotte von Stein in Knittelversen verfasste Schauspiel, ihre früheste überlieferte literarische Arbeit, in der Handschrift Luise von Göchhausens, mit eigenhändigen Zusätzen Charlotte von Steins auf dem Titelblatt, im Personenverzeichnis und im Text.
Rino – so genannt nach dem Barden Ryno aus Ossians (James Macphersons) „Songs of Selma“ – ist Goethe; die anderen Rollen, „Adelhaite“, „Thusnelde“, „Kunigunde“ und „Gerthrud“, werden durch die Herzogin Anna Amalia und ihre Hofdamen Luise von Göchhausen, Emilie von Werthern und Charlotte von Stein verkörpert.
Das Lustspiel schildert den Empfang Goethes durch die Damen der Weimarer Hofgesellschaft und die Wirkung, die er auf diese hervorrief; sein zunächst schroffes Auftreten und seine ostentative Geringschätzung höfischer Etikette werden deutlich karikiert. Der biographische Wert des Manuskripts besteht in der zurückhaltenden, doch unmissverständlichen Wiedergabe der Gefühle, die Charlotte von Stein für Goethe empfand, und in der Überlieferung von Äußerungen, die so oder ähnlich in Goethes erster Weimarer Zeit gefallen sind.
„Rino trit im Saal, wo eben getanzt wird. Rino, bey Seite
Sind da eine Menge Gesichter herrum, Scheinen alle recht adlich gänße dumm. Verschiedene werden presentirt Adelhaite
Wir haben dich lang bei uns erwart Du einziges Geschöpf in deiner Art. Rino, beugt sich.
Thusnelde
Ich bin sehr neugierich auf dich gewesen S’ist nun wohl so in meinem Wesen.
Rino
Können also jetzt ihre Neugier stillen Wie’s Ihnen beliebt, nach Ihrm Willen. Gerthruth von weiten.
Gleichgültig ist er mir eben nicht,
Doch weiß ich nicht ob er oder Werther mir spricht Kunigunte
Ja, ja s’ist Werther ganz und gar
So liebens werth als er mir immer war. Gerthrute und Kunigunte werden presentirt. Gerthruthe.
Ich freue mich Ihre Bekandschafft zu machen. Rino verbeugt sich.
Gerthruth
Apropos des Bals; mögen Sie gern tanzen und lachen? Rino.
Manch mal, doch meistens schleicht mit mir Herrum ein trauriges Gefühl
Ueber das ewge Erden Gewühl. / geht ab. Gerthruth.
Ist mir doch als wär das Intereße der Geselschaft vorbey. Adelheite.
Mir ist hier alles recht ennuyant einerley. Kunigunte traurig
Heut mag ich gar nicht gern tanzen. Thusnelde
Nun daß er auch fort ist, über den dummen Hanßen. / streichen sich.“ (Schluss der ersten Szene.)
Goethe scheint das Stück nicht aufgeführt gesehen, wohl aber gelesen zu haben. In seinem Brief vom
24. Juni 1776 schreibt er an Charlotte von Stein: „für Ihre Matinees danck ich herzlich, ich habe mich herzlich drüber gefreut, i c h b i n w e i d l i c h g e s c h u n d e n , und doch freut michs daß es nicht so ist“. Das Manuskript wurde von Wilhelm Fielitz 1883 auf Schloss Kochberg eingesehen und beschrieben, gilt aber seit 1899 als nicht mehr zugänglich bzw. verschollen.


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